Kaiserpfalz Goslar

Ab ca. 1040 errichtete Kaiser Heinrich III. die Pfalz. Zu dieser Zeit entstanden die repräsentativsten Bauten: das Kaiserhaus und die ab 1819 abgetragene Stiftskirche St. Simon und Juda. Die Pfalz entwickelte sich zum Zentrum des Heiligen Römischen Reiches. Allein während seiner 17-jährigen Herrschaft wurden in Goslar 18 Hoftage abgehalten. Einen Höhepunkt in der Regierung Heinrich III. stellte der Besuch von Papst Viktor II. 1156 dar. Die Liebfrauenkapelle an der Nord- und die Ulrichskapelle an der Südflanke des Kaiserhauses entstanden zu Beginn des 12. Jahrhunderts.

1050 wurde in Goslar eine der bedeutendsten Personen des Mittelalters geboren, Heinrich IV. Während seiner Regierungszeit kam es zur Eskalation zwischen Kaiser- und Papsttum worauf er von Papst Gregor VII. exkommuniziert wurde. Erst sein Gang nach Canossa 1077 und die damit verbundene Abbitte konnte seine Macht erhalten. Es war der Beginn des Investiturstreits, der sich bis zur Reformation hinziehen sollte.

Bedeutung: Pfalz

Im frühen Mittelalter besaßen Kaiser und Könige keine festen Residenzen. Um die Verpflegung ihres Hofstabes zu sichern und ihre Macht in den einzelnen Regionen ihres Reiches durchzusetzen, zogen die Herrschenden durchs Land und ließen sich unter anderem in Pfalzen nieder. Der Begriff Pfalz ist eine Ableitung des lateinischen Wortes „palatium“ (Palast).

Ulrichs- und Liebfrauenkapelle

Kaiser Heinrich III. starb überraschend am 5. Oktober 1056 nach einer Jagd im Harz. Vor seinem Tod verfügte er, dass sein Herz in seiner Lieblingspfalz in Goslar bestattet werden soll. Das ursprünglich in der Stiftskirche St. Simon und Juda beigesetzte Herz wird seit 1884 im Erdgeschoss der Ulrichskapelle aufbewahrt. Es befindet sich in einem goldenen Kasten mit der Form eines Oktogons in einem Sarkophag. Auf der Grabplatte von ca. 1250 ist Heinrich III. dargestellt. Die Gebeine des Kaisers fanden im Dom zu Speyer ihre letzte Ruhestätte.

Die von etwa 1125 stammende Kapelle St. Ulrich ist ein klassischer sakraler Zentralbau wie der Aachener Kaiserdom von Karl dem Großen. Das im Grundriss nach einem griechischen Kreuz errichtete Untergeschoss bot zur Blütezeit der Pfalz Raum für Gottesdienste. Durch ein zentrales Loch waren beide Geschosse miteinander verbunden. So konnte der Kaiser aus dem Obergeschoss, von erhöhter Position, dem Zeremoniell beiwohnen. Im Gegensatz zum Erdgeschoss ist dies, der Kaiserkrone nachempfunden, achteckig ausgebildet.

Nach 1575 wurde die Ulrichskapelle als Gefängnis genutzt. Der Kapelle und Kaiserhaus verbindende Arkadengang entstand erst während der Sanierungen im 19. Jahrhundert. Von allen Gebäuden der Pfalz stellt sich die Ulrichskapelle heute noch am ehesten in ihrem mittelalterlichen Originalzustand dar.

An der Nordseite der Kaiserpfalz existierte, ähnlich wie die Ulrichskapelle im Süden, ein weiterer Kirchenbau. Die erstmals 1108 als capella regis et St. Mariae erwähnte Liebfrauenkapelle war ein dreischiffiger Sakralbau mit Westwerk und Chorapsiden. Teile der Marienkapelle konnten durch Ausgrabungen (1913/14) nachgewiesen werden.

Kaiserhaus

Im Erdgeschoss des Kaiserhauses ist noch ein Großteil des ursprünglich romanischen Baubestandes aus dem 11. Jahrhundert erhalten geblieben. Während der Wintermonate wurden Reichstage und Versammlungen im sogenannten Wintersaal abgehalten. Im Gegensatz zum unverglasten Kaisersaal im Obergeschoss konnte dieser Raum beheizt werden.

Zu den Ausstellungsstücken im Erdgeschoss zählt der Kaiserthron der Salier von ca. 1080. In Anlehnung an den Kaiserstuhl Karls des Großen in Aachen besteht er aus einem Steinsitz und dem original erhaltenen bronzenen Lehnen- und Rückenteil. Der ursprüngliche Standort des Throns befand sich in der Stiftskirche St. Simon und Judas. Nach dem Abriss der Kirche 1822 wurde er zum Materialpreis versteigert und gelangte erst spät wieder in den Besitz der Stadt Goslar. Der Aachener und der Goslarer Kaiserstuhl sind die einzigen beiden erhaltenen mittelalterlichen Throne deutscher Kaiser.

Zum Ende des 12. Jahrhunderts begannen die ersten Um- und Ausbauten der Pfalz. So entstand zur deutlicheren Betonung des Mittelbaus im Obergeschoss ein üppiger Rundbogen. Durch ihn öffnete sich der Saal zum Austritt auf den Altan. Im Süden und Norden schlossen sich Wohnbauten an das Kaiserhaus an.

Nach einem Brand 1289, der starke Schäden anrichtete, übernahm die Stadt Goslar die Kaiserpfalz. Bis zur Reformation diente sie unter anderem als Gerichtsstätte und Sitz der Zollverwaltung. Nach 1575 wurde das Kaiserhaus als Lagerhaus genutzt. Der bauliche Zustand der Pfalz verschlechterte sich mit der Zeit so sehr, dass im 19. Jahrhundert ein Abriss der gesamten Anlage in Betracht kam. Erst nach der Reichsgründung 1871 begannen umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten.

Kaisersaal

Der im Kern um 1045 entstandene Saalbau stellte den wichtigsten und repräsentativsten Bereich der gesamten Pfalzanlage dar. Er ist der größte Prophanbau der deutschen Romanik. Abgesehen von den Stützen und der Holzbalkendecke (1477) erhielt der Kaisersaal sein heutiges Erscheinungsbild durch die Restaurierungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Wandgestaltung erfolgte nach Vorlagen von Hermann Wislicenus ab 1879. Ihre Fertigstellung dauerte fast 20 Jahre.

Nach der Kaiserproklamation 1871 von Wilhelm I. in Versailles wurde in ca. 60 Szenen dem damals heroischen Selbstbild der neuen deutschen Nation entsprochen. Das Zentralbild zeigt die Gründung des neuen Kaiserreichs mit Wilhelm I. Gerahmt von Motiven deutscher Sagen und Märchen stellt die gesamte Ausmalung ein beeindruckendes Zeitzeugnis aus der Sicht der Hohenzollern dar. In diesem Zusammenhang ist auch die Aufstellung der beiden Reiterstandbilder vor dem Saalbau zu verstehen. Einträchtig reiten Wilhelm I. und Friedrich I. (Barbarossa) gesäumt von Braunschweiger Löwen nebeneinander.