
Schloss Herrenhausen
Luftbilder und Fotos vom Schloss Herrenhausen an der nördlichen Achse des Großen Garten in den Herrenhäuser Gärten in Hannover.
Wiederaufbau und heutige Nutzung
Mit seiner heutigen Bausubstanz stellt das Schloss das jüngste Gebäude innerhalb des Gesamtensembles von Herrenhausen dar. Der einstige Mittelpunkt der Gartenanlagen wurde im Oktober 1943 vollständig zerstört. Jahrzehntelang erinnerte nur eine Freifläche an seinen Standort, eingefasst vom Hofgitter und der halbrund geführten Ehrenhofmauer an der Herrenhäuser Straße. Bereits in den 1950er Jahren kamen unterschiedliche Projektideen zur Diskussion – von einer originalgetreuen Rekonstruktion bis hin zu einem modernen Neubau. Ein visionärer Entwurf für ein Panoramarestaurant stammte 1964 von dem dänischen Architekten Arne Jacobsen. Erst 2011–13 erfolgte der Wiederaufbau, getragen von der Volkswagen-Stiftung. Der Neubau orientiert sich in seiner äußeren Gestalt am klassizistischen Erscheinungsbild und beherbergt heute ein modernes Tagungszentrum sowie das Museum Schloss Herrenhausen, das die Geschichte der Herrenhäuser Gärten und des welfischen Herrscherhauses dokumentiert.
Entstehung und erste Umbauten
Seinen Ursprung nahm das Schloss in einem Gutshaus, das nach 1648 während der Regierungszeit von Herzog Georg Wilhelm zu einem Lusthaus umgestaltet wurde. Unter Johann Friedrich erhielt die Anlage ab 1676 durch Erweiterungen ihre charakteristische Form einer Dreiflügelanlage, die sich zum Garten hin öffnet. Der Entwurf stammte von dem venezianischen Baumeister Hieronymo Sartorio, die Ausführung übernahm Brand Westermann. An der Nordseite entstand ein halbrunder Vorplatz, eingefasst von einer Mauer mit Bogennischen, die die Wirtschaftsgebäude für Bedienstete und Gäste verdeckte.
Ausbau zur barocken Schlossanlage
Während der Regierungszeit Herzog Ernst Augusts wurden im Schloss prachtvolle Innenräume geschaffen. Weitere Umgestaltungen erfolgten unter Kurfürst Georg Ludwig. Zwischen 1704 und 1708 entstanden nach Entwürfen von Giacomo Quirini und Brand Westermann eine neue Eingangshalle mit Treppenhaus sowie eine Freitreppe an der Südfassade. Gleichzeitig wurden das Hofgitter und 1712 die Sonnenuhr vor dem Garteneingang errichtet.
Der barocke Schlossbau war überwiegend in Fachwerk ausgeführt und zeigte einen symmetrischen, zweigeschossigen Haupttrakt mit Walmdach und kurzen Seitenflügeln. Diese setzten sich als eingeschossige Flachbauten bis zum Gartenrand fort und rahmten den großzügigen Schlosshof. Ihre begehbaren Dächer führten direkt zu Grotte und Kaskade. Der Mittelrisalit betonte die Gebäudemitte, während Putzgliederungen den Eindruck eines Massivbaus erzeugten – eine im 18. und frühen 19. Jahrhundert weit verbreitete Gestaltungsweise.
Klassizistische Umgestaltung durch Laves
Nach einer Fassadenneugestaltung von Tobias Henry Reetz im Jahr 1725 blieb das Erscheinungsbild über ein Jahrhundert nahezu unverändert. Reetz plante zwischenzeitlich einen vollständigen Neubau, der jedoch nie umgesetzt wurde. Im Verhältnis zum ab 1696 erweiterten Barockgarten wirkte das Schloss schließlich zu klein.
Mit der Erhebung Hannovers zum Königreich im Jahr 1814 erwachte das Interesse an Herrenhausen erneut. Der Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves erhielt den Auftrag, die Anlage für König Georg IV. umzubauen. Nach den 1820–1822 durchgeführten Arbeiten präsentierte sich das Schloss als klassizistisches Bauwerk, ohne seine Kubatur wesentlich zu verändern. Der halbrunde Vorhof im Norden, die barocke Freitreppe und mehrere Innenräume des 17. Jahrhunderts blieben erhalten, darunter der Mittelsaal, der mit Stuckaturen und Gemälden ergänzt wurde.
Laves gestaltete die Fassaden mit schlichten Putzflächen und feinen Gesimsen. Eine Putzrustika deutete Steinquader an, über den Mittelrisaliten erhoben sich flache Dreiecksgiebel. Die Nordfassade erhielt eine Attika mit Figurenschmuck, der Haupteingang wurde durch ein Säulenpaar mit Balkon hervorgehoben. Durch die Erhöhung der seitlichen Fassadenrücklagen konnte ein durchgehendes Traufgebälk geschaffen werden, während die Fenster der Bel Etage waagrechte Verdachungen erhielten.
Mit der Zerstörung des Schlosses 1943 gingen sowohl die barocken Innenräume als auch die klassizistischen Gestaltungen von Laves unwiederbringlich verloren.
Gartenbereiche und Nebengebäude
Bereits im 17. Jahrhundert bestanden beiderseits des Schlosses vier Sondergärten: Apfelstück und Feigengarten im Westen sowie Blumengarten und Orangenparterre im Osten. Sie dienten zugleich als Nutz- und Ziergärten und waren nach künstlerischen Gesichtspunkten gestaltet. Vom Hauptparterre aus wurden Feigen- und Blumengarten durch Grotte und Kaskade verdeckt.
An der Nordseite des Orangengartens entstand ab 1694 eine Orangerie, das spätere Galeriegebäude. Seit 1862 verbindet ein reizvoller Laubengang aus Gusseisen das Schloss mit dieser Anlage. Daran schließt sich das 1964 von Arne Jacobsen entworfene Glasfoyer an, das sich harmonisch in das historische Ensemble einfügt. Zwischen 1996 und 1999 erfolgte die Neugestaltung von Blumen- und Feigengarten durch Guido Hager, womit die lange gartenkünstlerische Tradition Herrenhausens eine zeitgemäße Fortsetzung fand.
- Sortieren nach Standard
- Zeige 50 Produkte pro Seite

Sándor Kotyrba
Sándor Kotyrba